Neues Arbeiten und Lernen mit Liberating Structures

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Neues Arbeiten und Lernen mit Liberating Structures

Was ich beim 5. Liberating Structures User Group Stuttgart Treffen gelernt habe

Einzelne Microstrukturen aus dem Repertoire der 33 Möglichkeiten für eine bessere Zusammenarbeit und ein produktives, gestaltendes Miteinander nutze ich bereits in Projekten sowie bei Meetups, Workshops, Retros usw. Dazu gehören u.a. Mad Tea Party, Impromptu Networking, Wise Crowds und 1-2-4-All. Und die Mikrostruktur Conversation Café kann man sich relativ einfach aus der World Café-Methode ableiten und die bekannte Fishbowl-Methode taucht als Mikrostruktur bei Liberating Structures als User Experience Fishbowl wieder auf.

Vor diesem persönlichen Erfahrungshintergrund fand ich die Ankündigung zum 5. Liberating Structures User Group Stuttgart Treffen spannend:

Lasst uns gemeinsam in die Welt der Liberating Structures abtauchen, Erfahrungen sammeln und uns austauschen! (…) Diesmal werden die Teilnehmer den Hauptteil des abendlichen LS Strings frei gestalten.

Die Teilnehmer waren also eingeladen, etwas frei und selbstorganisiert zu gestalten. Das hörte sich herausfordernd an, aber ist doch genau das, wie Kompetenzentwicklung beim Corporate Learning funktionieren sollte: komplexe Aufgaben in neuen Situationen selbständig und eigenverantwortlich zu lösen und dabei Wissen und Erfahrungen zu teilen. Ein Transformations-Coach würde dazu sagen: “Experimentation at the Edge”.

Aller Anfang ist schwer. Einfach mal Mut haben!

Das Motto des Abends war “Aller Anfang ist schwer. Einfach mal Mut haben!” In der Corporate Learning Community gibt es dazu den Hashtag #einfachmachen. In der ersten Runde tauschten wir unsere persönlichen Mutproben über die Mikrostruktur Impromtu Networking aus.

Dann wurde es anspruchsvoll. Wir bekamen die Aufgabe, für die Fragestellung

Was brauchst du bzw. ihr, um Liberating Structures in eurem/deinen Umfeld einzusetzen?

passende Mikrostrukturen auszuwählen und ggf. auch einen String zu erstellen. Dazu teilten sich die Teilnehmenden in mehrere Gruppen auf, hier das Selfie von unserer Gruppe:

Quelle: André Brüggemann

Dann starteten wir mit der Arbeit. Die Veranstalter hatten allerdings eine Herausforderung eingebaut. Durch die Mikrostruktur Folding Spectogram hatten unsere Lernbegleiter dafür gesorgt, dass die Teilnehmenden der Gruppe ganz unterschiedliche Vorerfahrungen hatten.

“Also, was nehmen wir als Mikrostruktur?” Wir hatten die Design Cards und die App zu Liberating Structures zur Verfügung. “Starten wir mit 1-2-4-All?” Das war den Profis in der Runde zu trivial, es sollte schon etwas anspruchsvolleres sein. “Dann lass uns “Troika Consulting” nehmen.” Ein Lernbegleiter murmelte etwas von “sehr anspruchsvoll” und “sollte in einen String eingebunden werden”. Der ursprüngliche Mut verließ uns so langsam. “Mach doch jemand einfach mal ein Vorschlag” wurde gefordert. Wir studierten weiter das Repertoire an Möglichkeiten und fanden dabei die Bedeutung der Farbgebung der Design Cards heraus. Aber welche Mikrostruktur nehmen wir jetzt?

Was war unser Problem? Wir waren alle neugierig, wollten die Aufgabe angehen. Aber wir waren alle gleichberechtigt, ein Netzwerk an Interessierten. Wir hatten keinen Moderator gewählt, und es hat sich wieder mal bestätigt: Auch ein Netzwerk braucht Hierarchie!

Ein Lernbegleiter half uns aus der Patsche. Er schlug vor, dass wir eine “vetobasierte Entscheidung” treffen. “Wenn niemand ein begründetes Veto einlegt, dann ist die Entscheidung getroffen.” Das wäre dann immer noch Selbstorganisation, würde aber den Entscheidungsprozess beschleunigen.

Ein Teilnehmer warf darauf hin die Karte mit der Microstruktur Helping Heuristics auf den Tisch und trotz eines tiefen Durchatmens des Lernbegleiters kam von der Gruppe kein Widerspruch. Wir legten los.

Von unserem tollen Gastgeber, der iteratec GmbH, bekamen wir noch einen Gast-WLAN-Zugang, so dass wir uns auf der Liberating Structures-Website etwas tiefergehend in die Vorgehensweise einlesen konnten.

Debrief

Wir hatten dann die Chance, in drei Untergruppen etwa eine halbe Stunde die gewählte Mikrostruktur auszuprobieren. Dabei konnten wir eine Reihe von Erfahrungen machen:

  • Ein erfahrener Kenner der Methode hätte uns sicher helfen können, aber mit #einfachmachen kommt man auch weit.
  • Die Vorgehensweise bei Helping Heuristics lässt sich auch in anderen Zusammenhängen nutzen, bei Gesprächen, beim Coaching usw.
  • Und wir haben eine Reihe von konkreten Ansatzpunkten zu der Frage “Was brauchst du bzw. ihr um Liberating Structures in eurem/deinen Umfeld einzusetzen?” entdeckt: Wo kann man sich zu Liberating Structures schlau machen? Wie tiefgehend muss man sich mit der Toolbox befassen? Wo gibt es konkrete Einsatzmöglichkeiten für Mikrostrukturen und Strings? Sollte man bei der Einführung auf eine Grasswurzel-Bewegung bauen oder einen Sponsor aus dem Management gewinnen?

Mein Erfahrungsbericht endet hier, obwohl der Abend noch weiterging. Die nächsten Mikroformate für uns zum Ausprobieren waren Shift & Share und dann 15% Solutions.

Zum Abschluss des anspruchsvollen, rundum gelungenen und lehrreichen Abend gab es als Dank noch ein Feedback-Schneeballschlacht für das Orgateam und alle Lernbegleiter: