Social Business unter der Reifegradlupe

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aboutpixel.de Unter die Lupe nehmen - 1 Rainer SturmIm letzten Post habe ich drei Social Business-Studien vom MIT verglichen, die in Kooperation mit Deloitte seit dem Jahr 2013 durchgeführt werden. Den Stand der Unternehmen auf dem Weg zur Social Business Excellence wird in diesen Studien mit der  Reifegrad, der sogenannten “Social Maturity”, festgestellt. Über 50% (2013: 52%, 2014: 51%) der Teilnehmer geben an, noch in einer frühen Phase zu sein. Auf die Frage, ob  Social Software die unternehmensweite Kollaboration und das Teilen von Informationen treibt und soziale Daten  in den operativen Geschäftsprozessen genutzt werden, gaben nur  17% der Unternehmen an, eine gewisse Reife erreicht zu haben.  Was machen Unternehmen, die angeben, bereits einen hohen Reifegrad erreicht zu haben, anders?

Vier spannende Themen sind mir aufgefallen. Unternehmen mit einem hohen Reifegrad

  • messen systematisch den Erfolg ihrer Social Business Initiativen
  • nutzen Social Analytics konsequent zur Unterstützung von Entscheidungen
  • haben ein umfassendes Commitment der Führungskräfte
  • suchen nach und experimentieren mit neuen Arbeits- und Organisationsmodellen

storifyStorify-Story zum Hangout beim Enterprise 2.0 MOOC: Social Business Excellence: Auf der Suche nach überragenden Vorgehensweisen auf dem Weg zum Enterprise 2.0


Unternehmen mit einem hohen Reifegrad messen systematisch den Erfolg ihrer Social Business Initiativen

In der Studie aus dem Jahr 2012 gab die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer an, den Erfolg von Social Business Initiativen nicht zu messen. Diejenigen Unternehmen, die eine Metrik zur Messung einsetzen, nutzen dazu die Anzahl der auf der Plattform registrierten Teilnehmer und die Anzahl der Postings einzelner Mitarbeiter.

What metrics does your organization use
Kiron, D. u.a. (2012): Social Business: What Are Companies Really Doing? MIT Sloan Management Review 2012

Heute messen Unternehmen mit einem hohen Reifegrad den Erfolg ihrer Social Business Initiativen und nutzen dazu nicht nur  plattformbasierte bzw. medienorientierte Metriken wie Anzahl der registrierten Mitarbeiter, Aufrufe, Postings oder Kommentierungen und andere Formen der Beteiligung. Diese Unternehmen nutzen darüberhinaus operative Metriken zur Erfolgsmessung (z.B. KPIs) und weisen nach, dass Social Business eine Auswirkung auf den finanziellen Unternehmenserfolg hat.

 Companies use multiple metrics to demonstarte the value of social business programs
Kane, G.C. u.a. (2014): Moving Beyond Marketing. Generating Business Value Across the Enterprise. MIT Sloan Management Review 2014

Interessant ist die Bedeutung der “anekdotischen Evidenz” über alle Reifegrade hinweg. Erfolgsgeschichten, User Stories oder Use Cases werden daher auch zukünftig eine Bedeutung für den Erfolgsnachweis  haben.

Unternehmen mit einem hohen Reifegrad nutzen Social Analytics konsequent zur Unterstützung von Entscheidungen

Mit steigendem Reifegrad spielen soziale Daten eine zunehmende Rolle. Fast 80% der Unternehmen mit einem hohen Reifegrad analysieren regelmäßig soziale Daten in Kombination mit anderen Daten innerhalb sowie außerhalb des Unternehmens und 67% der Unternehmen integriert solche Daten in Systeme und Prozesse, um geschäftliche Entscheidungen zu verbessern.

Maturing social business use social data to address business objectives
Kane, G.C. u.a. (2014): Moving Beyond Marketing. Generating Business Value Across the Enterprise. MIT Sloan Management Review 2014

Im Vergleich zur Nutzung von sozialen Daten im externen Umfeld gibt es bis heute nur wenig Ansätze, soziale Daten aus dem Unternehmen selbst zu nutzen. Diese internen sozialen Daten können beispielsweise dazu genutzt werden um Muster in strukturierten und unstrukturierten Informationen zu finden oder um Trends und Sentiments zu analysieren, damit rechtzeitig die für Mitarbeiter wichtige Themen aufgreifen zu können. Dies liegt daran, dass im Vergleich zu den Werkzeugen  für die Analyse von externen sozialen Daten (Social Media Monitoring, Customer Analytics) entsprechende Werkzeuge für den internen Einsatz bislang noch weitgehend fehlen. Unabhängig von der Datenschutzproblematik bieten diese internen Daten aber das Potential, einen unternehmensweiten oder auch themenorientierten Einblick in relevante sozialen Aktivitäten zu bekommen und damit bislang unbekannte Einsichten in wertvolle Zusammenhänge (“driving collective insight”) zu erhalten, z.B. im Hinblick auf relevante Informationsbedarfe, bessere Entscheidungen, dringende Verbesserungsmöglichkeiten oder schnellere Problemlösungen.

Unternehmen mit einem hohen Reifegrad haben ein umfassendes Commitment ihrer Führungskräfte

Aus vielen Fallbeispielen wird deutlich, dass die ersten Phasen auf dem Weg zu Social Business Excellenz eher Bottom-Up vorangetrieben werden, vielleicht unterstützt durch einen Sponsor oder einen Promotor auf der oberen Führungsebene. 56% der Befragten (“great extend” und “moderate extend”) gehen davon aus dass ihr Führungsteam erkennt, dass Social Business eine Chance ist, grundsätzlich das Unternehmen zu verändern.

To what extent do you believe your organization’s leadership feels social business is an opportunity
Kane, G.C. u.a. (2014): Moving Beyond Marketing. Generating Business Value Across the Enterprise. MIT Sloan Management Review 2014

Noch ausgeprägter ist diese Annahme bei Unternehmen mit einem hohen Reifegrad.    Bei Unternehmen mit einem hohen Reifegrad geben 90% der Befragten an, dass ihre Führungskräfte davon ausgehen, dass Social Business für positive und umfassende Veränderungen genutzt werden kann. Voraussetzung ist dafür, dass die Führungskräfte die dazu notwendigen Kompetenzen haben. Es gibt allerdings noch sehr wenige Beispiele (z.B. Reverse Mentoring, Learning Journeys) die zeigen, wie Social Business systematisch und nachhaltig in die Führungskräftequalifizierung oder Führungskräfteentwicklung eingebunden werden kann.

Unternehmen mit einem hohen Reifegrad suchen nach und experimentieren mit neuen Arbeits- und Organisationsmodellen

Social Business hat das Potential, die Art und Weise des Arbeitens in den Unternehmen zu verändern. Das erkennen auch die Befragten der MIT-Studie:

Social Business Can Change the Way We Work
Kane, G.C. u.a. (2014): Moving Beyond Marketing. Generating Business Value Across the Enterprise. MIT Sloan Management Review 2014

Es geht dabei um neue Rollen und Aufgaben, um Führung in einer netzwerkzentrierten und kollaborativen Arbeitsumgebung, um die geschäftliche Relevanz von Communities, um hybride Arbeits- und Organisationsmodelle.  Neue Denkansätze zur Organisationsgestaltung, die in diesem Umfeld diskutiert werden, sind die Connected Company von Dave Gray, das Light Footprint Management von Charles-Edouard Bouée, die Duale Organisation von Kotter, Holacracy von Brian Robertson  oder auch Niels Plägings Organisation für Komplexität.

Vor diesem Hintergrund möchte ich im  nächsten Post beschreiben, wie ein Change Management-Ansatz zur Realisierung der Potentiale von Social Business aussehen kann.

Bildnachweis – Bild oben: aboutpixel.de / Unter die Lupe nehmen © Rainer Sturm