Im letzten Post stand die Entwicklung vieler Unternehmen zu einem wissensintensiven Unternehmen im Mittelpunkt und es wurde die Frage aufgeworfen, welche Chancen es für eine Effektivitäts- und Effizienzsteigerung von Wissensarbeitern in einem Enterprise 2.0 gibt. Bereits im Jahr 2005 veröffentlichte IDC eine Studie [1], die aufzeigte, welchen Zeitaufwand der Umgang mit Informationen in den Unternehmen für einen Wissensarbeiter verursacht:
- Für die Nutzung von E-Mail als dem zentralen Medium für den Austausch von Informationen und die Zusammenarbeit wurden pro Woche 14,5 Stunden (d.h. 36 Prozent) der Arbeitszeit aufgewendet.
- Auf die Erstellung von Dokumenten oder Präsentationen sowie deren Illustration entfielen im Durchschnitt 13,3 Stunden (d.h. 33 Prozent) der Arbeitszeit.
- Die Suche und Analyse von Informationen benötigte 9,6 Stunden (d.h. 24 Prozent) der Arbeitszeit.
Weiteren Zeitaufwand verursacht u.a. die Ablage und Organisation der Dokumente, deren Abstimmung, ihre Weiterleitung sowie deren Veröffentlichung in unterschiedlichen Kanälen.
Dabei geht viel Zeit unproduktiv verloren, insbesondere dadurch, dass Informationen aus unterschiedlichen Quellen zusammengefügt werden müssen, dass relevante Informationen nicht gefunden werden, man nicht auf den aktuellen Informationsstand zurückgreifen kann oder Informationen von einem Format in ein anderes Format bringen muss. Bei einer 40 Stunden Woche wird schon mal die Hälfte der Arbeitszeit für solche Aufgaben verschwendet:
Schaubild: Verschwendete Wochenarbeitszeit pro Aufgabe [2]
Obwohl diese Daten schon 10 Jahre alt sind können sie doch noch immer durch die persönliche Erfahrung in der Arbeitswelt von vielen Menschen geteilt werden. Im Gegenteil, man hat den Eindruck, dass sich die Situation in den letzten 10 Jahren durch den Einsatz von neuen IT-Technologien eher verschärft als entspannt hat.
Nach wie vor wird die Produktivität von Wissensarbeitern durch Routinetätigkeiten, wie der Suche nach Informationen oder der Bewältigung der E-Mail-Flut negativ beeinflusst. Aber auch Experten, die ein bestimmtes Fach- oder Faktenwissen haben, können im Unternehmen nicht so einfach gefunden und um Rat gefragt werden. Das McKinsey Global Institute geht davon aus, dass durch eine bessere Kommunikation und Kollaboration beim Einsatz von Enterprise 2.0-Tools die Produktivität von Wissensarbeitern um 20 bis 25 Prozent gesteigert werden kann:
Schaubild: Mögliche Produktivitätssteigerungen bei Wissensarbeitern [3]
Relevante Arbeitspraktiken, die es ermöglichen, das umfassende Wissen der Mitarbeiter zu nutzen und die Produktivität von Wissensarbeitern in einem Enterprise 2.0 zu steigern, sind:
- die Sichtbarkeit von Personen und die Transparenz von Mitarbeiterkompetenzen erhöhen
- einen offenen und dezentralen Erfahrungsaustausch zwischen Mitarbeitern durch vielfältige Formen von Communities ermöglichen
- gezielt unternehmensinterne Experten-Netzwerke aufbauen
- die Einbeziehung von externen Experten sowie eine unternehmensübergreifende Vernetzung von Experten ermöglichen
Die große Bedeutung der Arbeitsgestaltung und des richtigen Einsatzes von leistungsfähigen IT-Werkzeugen für Wissensarbeiter wird erkennbar, wenn man sich den Zusammenhang zwischen dem Anteil an Wissensarbeitern in Relation zu dem möglichen Erfolg bei vergleichbaren Unternehmen anschaut.
Schaubild: Zusammenhang zwischen Wissenarbeit und Erfolg des Unternehmens [4]
Unternehmen mit einem hohen Anteil an Wissensarbeitern (“Interaction Workers”) unterscheiden sich in ihrer Performance, die in der Standardabweichung des EBITDA gemessen wird, sehr viel mehr als bei Unternehmen, die einen niedrigen Anteil an Wissensarbeitern haben. Der Erfolg von wissensintensiven Unternehmen hängt wesentlich davon ab, ob es gelingt, die erwähnten Arbeitspraktiken erfolgreich zu implementieren. Ein Grund für die großen Unterschiede dürfte sein, dass es noch wenig gesichertes Erfahrungswissen darüber gibt, wie Wissensarbeit mit Enterprise 2.0-Tools attraktiv und nachhaltig gestaltet werden kann.
Im nächsten Post geht es weiter mit den Analyseergebnissen zu einem neuen Treiber, der Verfügbarkeit von Enterprise 2.0-Technologien.
Quellen:
[1] Feldman, S., J. Duhl, J.R. Marobella und A. Crawford (2005), The Hidden Costs of Information Work. IDC White Paper, 2005
[2] Feldman, S., J. Duhl, J.R. Marobella und A. Crawford (2005), The Hidden Costs of Information Work. IDC White Paper, 2005, S. 5
[3] Bughin, J., M. Chui, and J. Manyika (2012), Capturing business value with social technologies, in: McKinsey Quarterly 2012, S. 3. Online: http://www.mckinsey.com/insights/high_tech_telecoms_internet/capturing_business_value_with_social_technologies
[4] Bughin, J., M. Chui, and J. Manyika (2012), Capturing business value with social technologies, in: McKinsey Quarterly 2012, S. 46. Online: http://www.mckinsey.com/insights/high_tech_telecoms_internet/capturing_business_value_with_social_technologies