Meine persönliche Reflektion zum Enterprise 2.0 Summit in Paris

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Die digitale Transformation der  Unternehmen setzt sich fort

Letzte Woche fand der Enterprise 2.0 Summit in Paris statt. Nachdem ich jetzt ein paar Tage zurück bin, mir die wichtigsten Tweets in Form von StorifyZusammenfassungen angeschaut und die ersten Berichte von Kollegen gelesen habe, stellt sich jetzt die Frage, was denn für mich die wichtigsten Erkenntnisse vom Enterprise 2.0  Summit in diesem Jahr waren. Zunächst einmal konnte man sich der scheinbar wieder in Mode gekommenen Begriffsdiskussion nicht entziehen. Vor rund 10 Jahren ging es mit dem Begriff Web 2.0 los. Die “Web 2.0 Revolution” fand viele Anhänger. Auch in den Unternehmen fanden die neuen Möglichkeiten einiges an Interesse. Der Begriff Enterprise 2.0 wurde geprägt. Es ging dabei nicht mehr nur um die technologischen Potenziale, sondern auch um neue Organisationsformen und -arbeitsweisen. Das Marketing, immer auf der Suche nach neuen Kanälen um die Kunden zu erreichen, fand die neuen Social Media-Plattformen genauso attraktiv wie HR, die auf der Suche nach neuen Mitarbeitern waren. Für den Vertrieb waren digitale Kanäle seit den ersten Online-Shops nicht neu, und der Service war gezwungen sich damit zu befassen, weil die Kunden auf einmal eine sehr deutliche Stimme bekamen. Mit der Social Business Bewegung sollten diese ganzen Trends zusammengefasst werden, “let the network do the work” war das Motto. Aber es geht weiter, heute prägen neue Begriffe wie Social Collaboration, der digitale Arbeitsplatz oder die digitale Transformation die Diskussion.

Die Leitkultur der digitalen Transformation wandelt sich

Unbestritten, hinter allem stecken große Potentiale und Chancen. Aber warum tun sich die Unternehmen dann damit immer noch so schwer und kommen bei der Realisierung ins Straucheln? Was macht es so schwer etwas anderes zu tun als bisher? In der Schlussdiskussion auf dem Enterprise 2.0 Summit ging mir auf einmal Billy Idols “Kings & Queens of the Underground” durch den Kopf. War es 1984 noch der rebellische Schrei (“Rebel Yell”) nach “more, more, more” blickt man heute schon etwas sentimental auf die letzten Jahre zurück und manchen Evangelisten des Enterprise 2.0 sprechen die Liedzeilen “If you hear my voice and I’m still around. Then we are still Kings and Queens of the Underground” aus dem Herzen.

Nun, die Underground-Kultur ist zu Beginn immer in Opposition zum Mainstream. Aber häufig wird aus der Underground-Kultur dann die Avantgarde, die letztendlich dann vom Mainstream aufgegriffen wird.  Genau diese Tendenz konnte man auf den Enterprise 2.0 Summits beobachten. In der Vergangenheit wurden U-Boot-Projekte, die “Bottom-up” initiiert wurden, als Lösung angesehen. Ich erinnere mich noch gut an die Diskussion über die Rolle von trojanischen Pferden, die dann aber auf trojanische Mäuse reduziert wurden. Wenn die Diskussion um die Rolle der Führungskräfte ging, gab es große Skepsis und als Lösung wurde angeboten “jeder kann doch Führungskraft sein”. Die Kultur der Hierarchie und Bürokratie in den Unternehmen wurde als nicht verträglich mit einer netzwerkartigen Struktur und einem hohen Maß an Selbstorganisation angesehen, die auch an den Grenzen des Unternehmens nicht halt macht. Erfolgsmessung wurde als altmodisch abgetan, als Argument wurde “Risk of not investing” als ausreichend angesehen.

Der Weg zum digitalen Unternehmen braucht eine solide Roadmap

Auf dem diesjährigen Enterprise 2.0 Summit zeigte sich ein anderes Bild. Wenn vielleicht noch nicht im Mainstream, dann scheint das Thema doch bei fortschrittlichen Unternehmen angekommen zu sein. Es wird sehr ernsthaft die Frage gestellt, wer in den Unternehmen die Verantwortung für den digitalen Wandel übernehmen soll. Oder wie die Integration in den Strategieprozess erfolgen kann, man darauf aufbauend systematisch Ziele ableitet und deren Realisierung in Form von strategischen Initiativen ermöglicht. Vorbei sind die Zeiten, in denen es reicht, darauf zu verweisen, dass auch niemand systematisch gelernt hat, mit Facebook umzugehen, warum sollte man dann damit auf der internen Kollaborationsplattform anfangen? Heute wird über ein “systematisches Enabling” sowohl von Mitarbeitern als auch von Führungskräften gesprochen. Führungskräfte können ein Thema, das sie nicht kennen, auch nicht voranbringen. Change Management und Organisationsentwicklung werden zu spannenden Herausforderungen. Die Gestaltung der Organisation rückt in den Fokus, das beste Beispiel dazu auf dem Enterprise 2.0 Summit war die durchgängige Meinung, dass Community Management zukünftig ein wesentlicher Erfolgsfaktor werden wird. Und dazu braucht man ein Berufsbild, ein Vergütungssystem, einen Karrierepfad. Mainstream eben!

Der Mainstream erfordert fachliches Wissen und Können wie man diese Themen anpackt. Viele Beiträge auf dem Enterprise 2.0 Summit haben gezeigt, dass in den fortschrittlichen Unternehmen hierzu immer mehr Lösungen und Erfahrungen existieren. Trotzdem, für viele Unternehmen fällt es immer noch zu schwer, die bestehende Komfortzone zu verlassen. Skeptiker und Nein-Sager haben es noch viel zu leicht, das Thema ins Straucheln zu bringen. Und häufig ist der Druck, etwas zu verändern, einfach noch zu gering.

Neue Organisations- und Arbeitsmodelle erfordern Kreativität

Die digitale Transformation der Unternehmen ist auf dem Weg, trotz aller Hindernisse. Die Vorgehensweisen und Lösungswege der fortschrittlichen Unternehmen, und dazu gab es auf dem Enterprise 2.0 Summit in Paris eine Menge an Inputs, sind dabei eine wertvolle erste Orientierungshilfe. Aber es braucht auch weiterhin die “Kings & Queens of the Underground”. Trotz des bereits vorhandenen Erfahrungsschatzes, ohne Kreativität wird man in vielen Fällen nicht weiterkommen. Neue Organisations- und Arbeitsmodelle wie beispielsweise eine duale Organisation sind leichter skizziert als praktisch umgesetzt.  Ob es nun darum geht, die Kultur eines Unternehmens kontinuierlich und mit einer zeitlich langen Perspektive weiterzuentwickeln, ob eine Revolution der Arbeitswelt oder eine Co-Existenz mit der bestehenden Arbeitswelt realisiert werden soll – wir wissen heute noch viel zu wenig, wie das geht. Ein paar Rebellen mit Erfindungsreichtum wären da nicht schlecht.