Virtual Thinking Community: Enterprise 2.0 bei Boehringer Ingelheim

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Kitty Kientzler, Boehringer Ingelheim, und Peter Soth, exensio GmbH, stellten auf der 3. Social Media Night Stuttgart eine Best-Practice-Plattform für den Marketing-Bereich des Pharmaunternehmens Boehringer Ingelheim vor. Ich fange meinen kurzen Bericht mit einer Frage an, die ich erst im Gespräch nach dem Vortrag stellen konnte: “Gab es eigentlich eine konkrete geschäftliche Herausforderung für diese Plattform?”. Die Antwort war spannend und zeigt, das Enterprise 2.0 nicht länger “nice-to-have” ist, sondern auf das Erreichen von konkreten Wettbewerbsvorteilen ausgerichtet ist: Boehringer Ingelheim hat so viele neue Produkte in der Pipeline, dass sich die Marketingverantwortlichen fragten, ob und wie sie überhaupt in der Lage sein werden, vor diesem Hintergrund weltweit für entsprechende Marketingkampagnen zu sorgen.

Die Idee war, über die Best-Practice-Plattform die Mitarbeiter aus anderen Ländern von den Erfahrungen profitieren zu lassen und es ihnen zu ermöglichen, auf den Konzepten anderer aufzubauen. Das Projekt bekam den Namen “The Virtual Thinking Community” und hatte folgenden Scope:

  • Schaffung einer Community-Plattform zum Austausch von Best Practices zu marketingrelevanten Themen (Kampagnen, Kongressen).
  • Jeder Marketing-Mitarbeiter wurde aufgefordert, seinen Kollegen Best Practices über die Plattform zur Verfügung zu stellen.
  • Diese Best Practices können von den Mitarbeitern bewertet und kommentiert werden. Dadurch entsteht ein offenes Ranking der am häufigsten verwendeten Best Practices.
  • Zielsetzung war es, durch Wiederverwendung eine Verkürzung des Zeitaufwands, der erforderlich ist, um eine Kampagne zu erstellen, zu erreichen und von erfolgreichen Kampagnen zu lernen.
  • Das Mitmachen wurde über Wettbewerbe (“Competitions”) gefördert.

Ideengeber für die Ausgestaltung der Plattform war der Webauftritt von Amazon mit seinen Features zum Suchen und den Möglichkeiten zum Bewerten und Kommentieren von Artikeln, aber auch den Möglichkeiten, aktiv Empfehlungen zu geben bzw. zu erhalten oder einen Artikel über “Gefällt mir” auf facebook zu promoten. Wie das umgesetzt wurde, das kann man am besten an einem Screenshot sehen:

Als Entwickler stellt sich einem jetzt gleich die Frage, mit was das gebaut wurde. Dahinter steckt keine dedizierte Social Media Suite oder eine Open Source Plattform, sondern Oracle-Technologie.

Hier noch ein paar Punkte aus meinem Mitschrieb:

  • Die Anwender nutzen nicht so sehr die Suche über das klassische Suchfeld, sondern orientieren sich über Tags und Kategorien.
  • Es gibt nach wie vor parallel ein klassisches Intranet, das eher statisch ist und zentral gepflegt wird. In die “Virtual Thinking Community” werden bislang nur noch ausgewählte Links zentral eingestellt, auch das werden möglicherweise zukünftig die Anwender selbst machen.
  • Die Möglichkeiten zur Bewertung wurden als sehr kritisch gesehen, auch vom Betriebsrat. Gelöst hat man diese Situation dadurch, dass man nur positive Bewertungen in unterschiedlichen Ausprägungen geben kann.
  • Der Informationsaustausch findet vor allem zwischen den Ländern und nicht innerhalb eines Teams statt. Ein motivierender Faktor ist, dass Best Practices einzelner Länder sichtbar werden und möglicherweise das eigene Land mit seiner Lösung eine “Competition” gewinnt.
  • Aus Sicht der Gestaltung der Anwendung wird es als wichtig angesehen, das es möglichst einfach gemacht werden muss, mit einem Best Practice teilzunehmen.
  • Die “Virtual Thinking Community” läuft nicht unbetreut, in regelmäßigen Abständen schaut sich jemand die Inhalte an. Dadurch soll verhindert werden, dass sich auf der Plattform unangemessene Inhalte verbreiten.

Das Fallbeispiel der “Virtual Thinking Community” bei Boehringer Ingelheim ist sicher kein Beispiel für ein umfassendes unternehmensweites Enterprise 2.0. Bei der “Virtual Thinking Community” geht es um ein Anwendungsszenario im Marketing, das Elemente des Wissensmanagements und der Teamkollaboration umfasst – und das weltweit und unter Einbeziehung unterschiedlicher Kulturen. Die Zuhörer hatten noch viel mehr Phantasien, welche Formen der Kollaboration z.B. in Entwicklungsbereichen möglich sind. Dabei stellt sich dann aber aus Sicht der IT immer sehr schnell die Frage der Sicherheit und der Compliance solcher Lösungen. In diesem Fall hat sich die IT, wie die Referenten feststellten, öffnen müssen, da das Marketing als Kunde offen und kreativ war.