Twitter und Microblogging: Kann man mit 140 Zeichen lernen?

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Für mich überraschend auf der LEARNTEC 2010 war das hohe Interesse an der Frage, ob und wie man mit Twitter lernen kann. Im Rahmen der Pressekonferenz zur Eröffnung der LEARNTEC durfte ich eine kurze Einführung dazu geben.

Da die Charts auf eine Visualisierung ausgerichtet sind hier in Kurzfassung die “Tonspur”, ergänzt um ein paar Links sowie für mich spannende Einsichten aus Vorträgen und Diskussionen vom Kongress.

Ob man mit Twitter lernen kann ist zumindest bei den Marktforschern umstritten. Das MMB-Institut für Medien- und Kompetenzforschung stellte in einer Delphi-Befragung fest, dass in deutschen Unternehmen nicht getwittert wird wenn es um Qualifizierung geht. Rund 50 Lernexperten setzten Twitter in der Hitliste auf den letzten Platz. Genau das Gegenteil davon hat das Centre for Learning & Performance Technologies festgestellt. In der jährlichen Erhebung der Top 100-Lernwerkzeuge ist Twitter in den letzten Jahren von Platz 43 über Platz 11 auf Platz 1 im Jahr 2009 gestürmt. Dieser Meinung waren rund 270 “Learning Professionals” weltweit.

IT-Anwendungen, die stark wachsen sind immer Gegenstand einer Hype-Diskussion. Twitter hatte in den letzten Jahren phänomenale Wachstumsraten, je nach Messung häufig zwischen 1000 und 3000 Prozent. Aktuell scheint die Zahl der aktiven Twitter-Nutzer (gemessen als “Unique Visitors”) bei etwa 24 Mio. Nutzer zu stagnieren. Spannend ist, dass das Wachstum jetzt zunehmend ausserhalb der USA stattfindet. Die Deutschen sind zwar keine Twitter-Weltmeister, aber sie liegen jetzt auf Platz 5 der weltweiten Twitternutzer (hinter den USA, Brasilien, UK und Kanada). Aber: für jemanden, der heute in Twitter neu einsteigt, ist es nicht mehr so einfach sich in der “Vielfalt der Stimmen” zurechtzufinden. 60% der neuen Nutzer geben daher nach kurzer Zeit wieder auf.

Kann man mit Twitter lernen? Ich denke ja, denn man wird zu (fast) allen Themen etwas finden. Eine kleine Recherche zeigt schnell, dass man beispielsweise zum Lernen von Sprachen eine Vielzahl an Angeboten findet. Das ist interessant, aber im Grunde werden damit bekannte Inhalte nur in ein neues Medienformat gegossen.

Der Erfolg von Twitter entscheidet sich aus meiner Sicht an einer anderen Stelle. Twitter ist vor allem ein Kommunikationswerkzeug und entfaltet häufig im Verbund mit anderen Werkzeugen seine Stärke. Twitter dient zur schnellen Information, dient als Feedbackkanal und ermöglicht den Austausch der Teilnehmer untereinander. Twitter ermöglicht

  • Ansichten und Gedanken zu äußern, sich Inspiration zu holen und laut nachzudenken.
  • Diskussionen und Trends zu verfolgen. Man bekommt mit was auf Veranstaltungen läuft und über Twitter und Twitterwalls werden Meinungen gebildet.
  • Fragen zu stellen und Feedback zu bekommen. Kontakte zu Experten können ohne formale Barrieren geknüpft werden.

Andrea Back von der Universität St. Gallen hat die Möglichkeiten, mit Twitter zu lernen, in ihrem Vortrag auf der LEARNTEC treffend als “Begegnung mit altbekannten Lernsituationen” analysiert. Bei diesen altbekannten Lernsituationen geht es um die Zugehörigkeit zu Lerngemeinschaften, das Lernen durch Lesen, das Stellen von Fragen, das Erhalten von Feedback und die Möglichkeit, (Karriere-) Kontakte zu knüpfen.

Im zweiten Teil der Einführung befasste ich mich mit dem Thema “Microblogging in Unternehmen” und sinnvollen Einsatzszenarien “hinter dem Firewall” eines Unternehmens, um es aber hier nicht zu lang werden zu lassen werde ich dazu einen neuen Beitrag schreiben.