Enterprise 2.0 geht nicht ohne Business Exzellenz

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Auf dem 3. Dresdner Future Space am 19. Juni in der HomeBase Berlin fand ein Workshop zum Thema “Strategie 2.0” statt. In diesem Workshop sollten Ansätze, Erfahrungen und Einschätzungen diskutiert werden, wie durch innovative Web-Anwendungen eine neue Qualität des Strategieprozesses erreicht werden kann. Ghislaine Caulat, Ashridge Consulting, Marcella Gäb, T-Systems Multimeda Solutions und Frank Mattes (im Bild bei der Ergebnispräsentation), Hirzel Lederer & Partner moderierten diesen Workshop.

Frank Mattes bei der Ergebnispräsentation beim 3. Dresden Future Space

Die Diskussion im Kreis der versammelten Experten entwickelte sich in die Richtung, wie das Change Management bei der Einführung von Enterprise 2.0-Lösungen aussieht. Hier mein Mitschrieb zu den Diskussionsergebnissen des Workshops:

  • Konflikte und Ängste werden in den Web 2.0-Medien nicht unterdrückt, sondern im Gegenteil, sogar viel schneller an die Oberfläche gebracht und schnell in breiter Form sichtbar. “Krasser als im Real Live” nannten das die Workshopteilnehmer. Dieses Thema wurde auch unter dem Stichwort “Kompensation von non-verbaler Kommunikation” diskutiert. Diejenigen, die einen Prozess im Unternehmen unter Einsatz von Web 2.0-Anwendungen realisieren wollen, müssen daher unbedingt darauf vorbereitet sein, auf diese Konflikte und Ängste einzugehen.

  • Genauso wie es wenig sinnvoll ist, schlecht funktionierende Unternehmensprozesse vor einer umfassenden Neugestaltung mit prozessorientierter IT abzubilden kann soziale Software auch eine unzulängliche Kommunikation und mangelnde Kooperation im Unternehmen nicht “heilen”. Wie in diesem Workshop anhand eines Web 2.0-unterstützten Strategieprozesses diskutiert, setzen erfolgreiche Enterprise 2.0-Lösungen voraus, dass es eine gut funktionierende “1.0-Version” gibt. Der entscheidende Wandel, in diesem Fall hin zu einer partizipativen Strategiearbeit, muss vor dem Einsatz von Web 2.0-Werkzeugen zur Unterstützung des Strategieprozesses stattgefunden haben. Oder anders ausgedrückt: ohne Business Exzellenz in einer 1.0-Unternehmenswelt sind 2.0-Ansätze wohl zum Scheitern verurteilt.
  • Die Behauptung von Tom Davenport, dass “1,5 mächtiger als 2.0 ist”, fand auch im Workshop eine positive Resonanz. Der Erfolg wird in einer geschickten Kombination von Elementen der unterschiedlichen Welten liegen. Und viele Unternehmen haben sicher noch Defizite in der 1.0-Welt.
  • Enterprise 2.0 wird dann erfolgreich sein, wenn es einem gelingt, die Komplexität soweit zu reduzieren, dass alle Mitarbeiter und nicht nur die IT-affinen Kollegen mitmachen können. Das gilt auch für die “Blue Collor Worker”. Die sind aber, wie ein Teilnehmer bemerkte, durch Gruppenarbeit und KAIZEN-Prozesse (“Always Beta”) häufig gar nicht schlecht auf eine 2.0-Welt vorbereitet.
  • In der Diskussion haben wir immer wieder gemerkt, dass es auch den Workshop-Teilnehmern, die durchweg Enterprise 2.0-affin waren, schwer fällt, “2.0” zu denken. Dies betrifft insbesondere das Thema Offenheit. Die Risiken einer zunehmenden Offenheit in einer 2.0-Unternehmeswelt scheinen neue Konzepte zu erdrücken. Aber es ist im Grunde nichts anderes als eine sachliche Abwägung der Risikokosten und des Nutzens einer stärkeren Offenheit. Ein Beispiel: man kann ein Wiki mit relativ einfachen Rechtekonzepten auf eine Arbeitsgruppe beschränken. Das reduziert das Risiko, dass Informationen ungefiltet im Unternehmen herumschwirren oder es sogar verlassen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass ein Experte in einem ganz anderen Bereich des Unternehmens auf ein Thema aufmerksam wird und einen spannenden Beitrag dazu liefert (ein typischer Netzwerkeffekt) geht gegen Null.
  • Auch das Thema, wo die Grenzen eines Unternehmens in einer 2.0-Welt eigentlich sind, wurde diskutiert. Themen wie “Extended Enterprise”, virtuelle Unternehmen, Netzwerkunternehmen oder Kundenintegration sind eigentlich nicht neu. Mit Web 2.0-Technologien können die Konzepte jetzt aber eher Realität werden.
  • Und natürlich war auch das Thema Führung ein Diskussionspunkt. Die Frage des Workshops war: “Was bedeutet Führung angesichts partizipatorisch gestalteter Geschäftsprozesse?” Ein vielschichtiges Thema, manchmal auch mit einem Schlag “Sozialromatik” versehen. Es gibt in den Unternehmen immer konkrete Eigentumsverhältnisse und daran gekoppelt auch Verantwortlichkeiten, die es notwendig machen, über den Führungsprozess konkrete Interessen um- und durchzusetzen. Klar war aber auch (und es waren auch einige Geschäftsführer in der Runde), dass man in einem Unternehmen, das nach Enterprise 2.0-Prinzipien gestaltet ist, in bestimmten Umfang Kontrolle aufgeben muss. Im Ausgleich dazu wird es aber als Führungsaufgabe viel wichtiger werden, die Geschehnisse im Unternehmen zu initiieren, zu fördern und zu moderieren.

Man sieht aus meiner Sicht anhand der Workshop-Ergebnisse sehr schön, dass erfolgreiche Enterprise 2.0-Lösungen eine solide Konzeptarbeit und ein gutes Change Management voraussetzen. Vielleicht zögert der eine oder andere Akteur angesichts der noch offenen Baustellen in seiner 1.0-Welt bei neuen Konzepten. Es sollte aber nicht mehr um die Frage gehen, “ob” Enterprise 2.0-Ansätze sinnvoll sind, sondern nur noch um die Frage “wann” und vor allem um das “wie”. Naiv angegangene Enterprise 2.0-Ansätze erzeugen mehr Flurschaden als dass sie nutzen. Enterprise 2.0 geht nicht ohne Business Exzellenz!