Gelernt ist nicht genug: Wissensmanagement mit Web 2.0

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Mein Vortrag, den ich auf dem Learning&Knowledge Solution Forum auf der CeBIT 2009 präsentiert habe:

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Bemerkungen zu den Slides

Wozu Wissensmanagement?
80% der Investitionen gehen in formales Lernen. Warum reicht aber formales Lernen nicht aus? Weil 80% des Wissens nicht in formalen Lernprozessen erworben wird, sondern informell.

Wozu Wissensmanagement bei KMUs?

Es gibt typische Situationen für Wissensmanagement in Unternehmen. Wenn wir uns aber anschauen, welche Systeme zur Verfügung stehen, diese Situationen zu unterstützen, stellen wir viele Lücken fest:
Lücken in der Unterstützung von Konversationen, in Kommunikations- und Kollaborationsprozessen, Lernen aus den Ergebnissen.

Inhalteübersicht

  1. Konversationen gestalten
  2. Umgang mit den Inhalten der Nutzer (UGC)
  3. Kollaborativ arbeiten
  4. Unterstützung kollektiver Aktivitäten

Konversationen gestalten
Unternehmen haben inzwischen sehr viel Erfahrung mit dem Einsatz von Wissensmanagementsystemen und E-Learning Tools.
Aber: wie und wo dokumentiert man Informelles?

Projektkommunikation im Microblog
Wir brauchen etwas, das so einfach ist wie eMail, das sich aber besser strukturieren lässt und alle müssen die Inhalte sehen können. Wir nutzen dazu einen Microblog in unserem Projektprozess für:

  • Meldungen, Nachrichten in eigenen Worten
  • Status im Projekt just in time
  • Kritik, Meinungen
  • Kommentare
  • Was ist wichtig?

Die Strukturierung erfolgt zunächst durch den Nutzer, der seine Beiträge mit Schlüsselbegriffen oder Etiketten versieht.
Der Nutzer wird auf dem Laufenden gehalten, indem er die Beiträge per RSS abonnieren oder einzelne Tags verfolgen kann.
Darüber hinaus werden Inhalte aus anderen Systemen automatisch mit eingepflegt, z.B. aus Twitter, Blogs, Bookmarking ‘Tools, Wiki odser formalen Projektsystemen wie Bugtracking, Change Management u.ä.

Auch Mobil
Die mobile Nutzung funktioniert auch von unterwegs.

Anwendungen und Effekte der Gestaltung von Konversationen
Was konnten wir feststellen?

  • Keine an alle-Mails mehr
  • Schnell, einfach (gelber Zettel-Effekt)
  • Immer aktuell
  • Vollständig bis weitgehende Projekttransparenz

Die chronologische Ablage, die dafür sorgt, dass immer der aktuellste Beitrag ganz oben steht, ist im Projektgeschäft sehr hilfreich, da man sofort sieht, was aktuell los ist.

Leichtes Finden von „verschwundenen Inhalten”:

  • über Suchmaschinen
  • über Kalender und Autoren
  • über Tags, Tagcloud, Kategorien

Relevanz der Inhalte:

  • die Anzahl der Microinhalte zu einem Tag liefert eine Aussage zur Relevanz dieser Inhalte
  • Inhalte, die in mehreren Anwendungen und Prozess-übergreifend dieselben Tags haben, müssen anders bewertet werden als Einzelinhalte.
  • Inhalteanalyse und Auswertungen über Inhaltenutzung sowie Auswertungen der Suchbegriffe

Strukturierung der Inhalte:

  • während die Tags Bottom-Up festgelegt werden, werden die Kategorien Top-Down festgelegt und entsprechen der offiziellen Projekttaxonomie.
  • Der Projektleiter in seiner Aufgabe als Tagmanager kann Tags verändern, löschen, anpassen. Er bewertet die Inhalte nach ihrer Projekt-übergreifenden Relevanz im Sinne der im Unternehmen festgelegten Taxonomie.

Umgang mit UGC
Nutzer sind verteilt im Web und schreiben über uns und Themen, die uns interessieren. Wir wollen Nutzergenerierte Inhalte, unabhängig ob intern oder extern, sondern aus dem Netzwerk scannen, bewerten, auswerten, nach Schwerpunktthemen, nach Trends, nach Ideen, nach Beschwerden.
Was wird zum Thema Lernet im Netzwerk diskutiert, geschrieben?

Projektmonitoring mit Google Reader

Wir wollen wissen, was andere über uns schreiben. Dazu gehen wir wie folgt vor:

  • Auswahl geeigneter Suchmaschinen, Blogs und social Sites, die regelmäßig gescannt werden sollen
  • Entwicklung von Suchstrings und OPML files (für Suchmaschinen, Suche in Blogs, Social Sites, Websites mit RSS).
  • Suchstrings als RSS in den Reader nehmen
  • Sobald ein Inhalt mit den Suchbegriffen eingestellt wird, bekommen wir das Suchergebnis in den Reader.
  • Manuell werden die Ergebnisse gecheckt und dann bereitgestellt.

Anwendungen und Effekte im Umgang mit UGC
Was konnten wir feststellen?
Wir wissen immer sofort, was über uns im Internet steht und können darauf reagieren.
Wir kennen unsere Reputation und die Web-Loyalität zu unseren Produkten.
Manchmal entsteht auch ein „Serendipity”-Effekt, d.h. auf der Suche finden wir zwar nicht das Gesuchte aber etwas überraschend Neues und Wesentliches. Wichtige Erfindungen sind durch serendipity entstanden: Entdeckung von Amerika, Röntgenstrahlen, Penicillin, Sekundenkleber.

Kollaborativ arbeiten
FRÜHER wurden vor allem real existierende Kommunikationskanäle elektrifiziert:

  • Vom one2one und one2many an getrennten Standorten
  • Entweder synchron, wenn jemand da war (Telefon, VC)
  • Oder asynchron, wenn jemand nicht da war (E-Mail)

HEUTE gibt es mit Web 2.0 neue Konstellationen von Kommunikationskanälen wie „Wenige mit Wenigen” und „Viele mit Vielen”, für die wir neue Fähigkeiten entwickeln müssen:

  1. Die Fähigkeit, die richtigen Menschen zu identifizieren, mit denen ich kollaborieren möchte (Reach)
  2. Die Fähigkeit, mit diesen Menschen einen Kommunikationsfluss sicherzustellen (Awareness)

Themen und Veranstaltungen folgen in Twitter
Twitter ist ein gutes Beispiel, wie viele mit Vielen kommunizieren und inzwischen ein beliebtes Tool für das Liveblogging von Veranstaltungen, Events, von Orten, an denen etwas geschieht oder auch nur, um seine Gedanken loszuwerden. Kollaboration erfolgt:

  • durch Following und Followers
  • über die Verständigung auf einen #hashtag

Meetings in Google Text und Tabellen
Ein Beispiel für Kollaboration zwischen Wenigen mit Google Text und Tabellen. Wir führen damit regelmäßige Projektmeetings oder auch Adhoc Meetings und Abstimmungsprozesse zwischen verteilten Standorten durch.

Anwendungen und Effekte für Kollaboration

  • Planungsprozess von Meetings verkürzen sich, werden gleichzeitig kurzfristiger, d.h. man kann noch Minuten vor Beginn Inhalte einbringen (nicht geeignet für Deadline-Agendas)
  • Kurzfristige Meetings können jederzeit einberufen und unterstützt werden, in Projekten keine Seltenheit
  • Fast keine Nachbereitung: Protokoll entsteht schon während des Meetings

Unterstützung kollektiver Aktivitäten
Kollaboration ist das eine, aber es gibt in einem Unternehmen auch Nutzer, die etwas weniger Engagement aufbringen können oder wollen. Kollektive Systeme unterstützen auch die weniger engagierten Nutzer

Partizipation oder wer generiert Inhalte?
Nach der McKinsey Studie aus 2007 stellt nur ein Bruchteil der Nutzer Inhalte ein oder -auf ein Unternehmen übertragen- beteiligt sich aktiv in Gruppen oder Communities.

Web 2.0 hilft, die 1% Regel zu brechen!
In Anlehnung an die 1:9:90 Nielsen-Regel:

  1. Es sind zwar nur wenige, die Inhalte originär erzeugen (1%Prosumer), aber….
  2. einige mehr, die vorliegende Inhalte ergänzen, kommentieren, weitertragen (10%Multiplikatoren) und
  3. viele, die ihre Spuren und damit auf ihre Art, ihre Inhalte, Meinungen hinterlassen (100% Konsumer)

Es gilt nun:

  1. die 1% im Unternehmen zu finden und zu fördern.
  2. den überwiegenden Rest nutzbar zu machen: Toplisten, Tagclouds, Amazon-Tipp aus Warenkorbanalyse.

Power of Participation
Nur auf Kollaboration zu setzen reicht nicht bzw. verschenkt großes Potenzial, Mitarbeiter in die Unternehmensprozesse einbinden. Die Nutzung kollektiver Tools decken den Longtail ab: mit deren Hilfe erreicht man den Letzten in der Prozesskette (Menschen), findet Nischen (Produkte), entdeckt relevante, aber verborgene Inhalte oder findet Inhalte besser wieder (Content).

Kollektives Bookmarking in Delicious
Ein Beispiel für ein kollektives System ist das social Bookmarking Tool delicious:

  • Wenige stellen Bookmarks ein, beschreiben, verschlagworten, strukturieren
  • Das Netzwerk teilt diese Inhalte und multipliziert damit die Verbreitung (Multiplikatoren)
  • Jeder Nutzer profitiert von der Folksonomy   und den aggregierten Darstellungen der Inhalte wie Tagcloud, most recent/popular (kollektiver Effekt).

Anwendungen und Effekte von kollektiven Systemen
Man erkennt Wissens- und Themenschwerpunkte und Trends.
Man findet kleinste Inhalte z.B. einen einzelnen Blogpost.
Man kann gezielt sein eigenes Expertennetzwerk aufbauen, das als Filter für gute Inhalte wirkt und Ansprechpartner für Themen identifiziert.

Beispiel: eine Googlesuche ergibt 1 Mio Treffer. Wie kann ich beurteilen welche Ergebnisse wichtig sind. Die gleiche Suche auf delicious ergibt 10 Ergebnisse. Da diese aus meinem Netzwerk kommen, weiß ich, dass sie relevant sind. Die Experten wirken als kollektive Filter für Relevanz.

Erfolgreiche KMU sind vernetzter
Die Fraunhofer IAO-Studie hat ermittelt, dass stark vernetzte KMUs sowohl doppelte Umsatz- als auch Wachstumszahlen für Innovationen vorweisen können.

Einstein
“Fortschritt lebt vom Austausch des Wissens.” Sagte einer, der vom rein formalen Wissenserwerb in Schule und Studium nicht viel hielt und dort vor allem durch Abwesenheit glänzte.